Als Oma Teenie war
Tagebücher aus den
Vierziger Jahren -
1945 Kriegsende
Aus einem Tagebuch
von
Ursula Böhme Buckow
aus Potsdam -
Babelsberg ( bei Berlin )
29. März 1945
Frühling, Blumen,
Sonne!
Und doch ist sie so traurig, so häßlich, diese Welt.
Das wievielte Büchlein ist es nun wohl, das ich zu schreiben
anfange? Aber dies soll anders werden als all seine Vorgänger,
es soll jeden Tag ein paar Worte gesagt bekommen, und sind es
noch so wenig. Es soll alles drinstehen, nicht wie sonst nur
das, was mich unbedingt zum Schreiben drängt, nein, alles,
auch die äußerlichen Dinge, weil sie die inneren ja formen,
die sie töten möchten.
Ach, was ist das Leben. Seh' ich doch einen dummen Truthahn
heut morgen und muß mich dabei erwischen, daß ich ihn am
liebsten streicheln
möchte, lieb zu ihm sein. Und warum? Weil mir die Tiere besser
scheinen als die Menschen. - Scheinen? Ich glaube, sie sind es
auch. Und doch
kann man auch den Menschen nicht einmal böse sein.Sie sind
doch nur Opfer. Wessen Opfer?
Aber ist das nicht gleich, wenn einem alles bis zum Hals
steht? Seit Janur sitzt man nun hier wie auf einem Pulverfaß.
Man wartet. Wartet und
wartet auf den Schrecken, auf das endgültige Aus. Muß das denn
so langgezogen werden? Alles wird nur schlimmer dadurch; die
Menschen
hungriger und wilder. Sie stehlen, sie werden gierig.
Gierig wird man jetzt selbst schon - wird man auch einmal
soweit sein, daß man stiehlt? Vielleicht ist es das letzte Mal
gewesen, daß wir ein
paar Eier aus Altenzaun bekamen und mein Magen wollt sich
umdrehen, als ich sie sah. Eier! Es ist ja kaum auszudenken.
Wenn wir doch
nur Kartoffeln bekommen könnten. Es ist nicht gut, viel Hunger
zu haben, - und es wird noch sehr, sehr schlimm werden. -
Das Elternhaus Potsdam Babelsberg, Stahnsdorfer Str. (
Ufastr.) 56
Porträt der Autorin Ursula Buckow geb. Böhme 1946
Die Eltern, Erna und Willi Böhme
DAS KRIEGS TAGEBUCH VOM LEBEN IN POTSDAM
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